Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft
Die Landwirtschaft ist eine bedeutende Verursacherin von Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen), sowohl weltweit als auch in der Schweiz. Gemäss dem schweizerischen THG-Inventar betrug der Anteil des Landwirtschaftssektors an den Gesamtemissionen der Schweiz 2013 12,3 % (1990: 13,7 %). THG-Emissionen entstehen entlang der Produktionskette bei der Herstellung von Produktionsmitteln, durch die Verbrennung von fossilen Treib- und Brennstoffen in landwirtschaftlichen Maschinen und Gebäuden, sowie insbesondere durch biochemische Prozesse bei der Tier- und Pflanzenproduktion. Durch Effizienzsteigerungen und durch eine Anpassung der Intensität kann und soll die Landwirtschaft einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Verschiedene Emissionsquellen
Die THG-Emissionen aus der landwirtschaftlichen Produktion werden von Agroscope jährlich geschätzt und als Zeitreihe – zurückreichend bis 1990 – im Sektor drei des nationalen Treibhausgasinventars (Kapitel 5 des nationalen Inventarberichts) ausgewiesen. Die Berechnungen erfolgen nach internationalen Vorgaben mit Hilfe der Rahmenmethoden des Weltklimarats (IPCC) und ergeben für 2013 ein Total von 5,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Dieses Total setzt sich zusammen aus den Methanemissionen (CH4) aus der Verdauung der Nutztiere (3,2 Mio. t CO2-Äquivalent) und den Lachgasemissionen (N2O) aus den mit Stickstoff gedüngten Böden (1,5 Mio. t CO2-Äquivalent). Beide Gase werden auch bei der Hofdüngerlagerung freigesetzt (0,8 bzw. 0,4 Mio. t CO2-Äquivalent). Nur punktuell von Bedeutung sind die Kohlendioxidemissionen (CO2) aus der Kalk- und Harnstoffdüngung.
Weitere Emissionen aus anderen Sektoren des Treibhausgasinventars stehen in engem Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Produktion. Dazu gehören die CO2-Quellen und -Senken in den landwirtschaftlichen Böden (+ 0,4 Mio. t CO2-Äquivalent) und die CO2-Emissionen aus der Verbrennung von fossilen Treib- und Brennstoffen in landwirtschaftlichen Maschinen und Gebäuden (+ 0,7 Mio. t CO2-Äquivalent). Weiter entstehen bei der grösstenteils im Ausland stattfindenden Herstellung von Produktionsmitteln (relevant sind v.a. Mineraldünger und Futtermittel) THG-Emissionen in der gleichen Grössenordnung (+ 0,7 Mio. t CO2-Äquivalent). Insgesamt kommen bei dieser umfassenderen Betrachtung für das Jahr 2013 noch rund 1,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent zu den Emissionen des IPCC-Sektors 3 «Landwirtschaft» hinzu.
Rückläufige Emissionen und Effizienzgewinne
Betrachtet man die Entwicklung aller mit der landwirtschaftlichen Inlandproduktion in Zusammenhang stehenden Emissionen, stellt man fest, dass der Wert von 2013 (7,7 Mio. t CO2-Äquivalent) beinahe 12,5 % unter demjenigen von 1990 lag. Die Entwicklung zeigt abnehmende Emissionen zwischen 1990 und 2000 sowie zwischen 2010 und 2013 und eine Stagnation in der ersten Dekade des neuen Millenniums. Sie widerspiegelt hauptsächlich die Entwicklung der Tierbestände (vor allem des Rindviehbestands) und des Stickstoffdüngereinsatzes. Die Reduktion der THG-Emissionen erfolgte bei konstanter und teilweise sogar steigender landwirtschaftlicher Produktion. Entsprechend sind die THG-Emissionen pro produzierte verdauliche Energieeinheit zwischen 1990 und 2013 um ungefähr 18 % gesunken.
Insbesondere die steigende Effizienz in der Milchproduktion und der Düngerwirtschaft haben zu einer Reduktion der Emissionen pro Produkt bzw. pro Fläche beigetragen:
Während der Milchkuhbestand zwischen 1990 und 2013 um 27 % gesunken ist, hat die Milchproduktion leicht zugenommen. Die Methanemissionen pro Milchkuh sind aufgrund der höheren Leistung des Einzeltiers zwar angestiegen, pro Kilogramm Milch sind die Emissionen jedoch deutlich gesunken. Diese Entwicklung ist allerdings zumindest teilweise auch auf eine zunehmende Fütterungsintensität mit importierten Kraftfuttern zurückzuführen, was den positiven Trend relativiert.
Auch im Pflanzenbau, welcher durch die Stickstoffdüngung hauptverantwortlich für die Emissionen von Lachgas ist, kann eine Effizienzsteigerung festgestellt werden. Bei mehr oder weniger konstanten Pflanzenbauerträgen und landwirtschaftlicher Nutzfläche ist der Einsatz von Stickstoffdüngern zurückgegangen. Entsprechend sind die Lachgasemissionen pro ha landwirtschaftliche Nutzfläche und pro Kilogramm verwendbare Pflanzenproduktion um 14 % bzw. 18 % gesunken. Diese Entwicklung war in den 1990er Jahren besonders ausgeprägt.
Ziel aktuell knapp verfehlt
In der Klimastrategie Landwirtschaft des BLW wurde als Beitrag zum Klimaschutz der Schweiz das Ziel festgelegt, die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft durch technische, betriebliche und organisatorische Massnahmen bis 2050 um mindestens einen Drittel gegenüber 1990 zu vermindern. Unter einem linearen Absenkpfad ergeben sich z. B. folgende Reduktionsziele für 2017 (-15 %), 2026 (-20 %) und 2035 (-25 %). Das Ziel für 2013 (-12,8 %) wurde knapp verfehlt.
Die Stagnation seit Beginn des Jahrtausends führte dazu, dass sich die Landwirtschaft bezüglich ihres Treibhausgasausstosses seit 2008 oberhalb des Zielpfades bewegt. Immerhin konnten in den letzten paar Jahren Verbesserungen erzielt werden. Es wird erwartet, dass durch die mit der Agrarpolitik 2014-2017 eingeführten Änderungen bei den Direktzahlungen (bessere Zielausrichtung der Beiträge und Umlagerung der tierbezogenen Beiträge auf die Fläche) die Emissionen wieder auf Zielkurs gebracht werden können.
Optimierungspotenzial auf Betriebsebene
Die Ergebnisse aus dem Agrarumweltmonitoring zeigen, dass es ein relativ grosses Reduktionspotenzial bei den Treibhausgasen durch betriebliche Optimierungen gibt. Die Auswertung der «Treibhausgasintensität» (kg THG-Emission in CO2-Äquivalent pro MJ produzierte verdauliche Energie) auf rund 200 Betrieben zeigt für fast alle Betriebstypen eine erhebliche Spannweite. So produziert der «effizienteste» Verkehrsmilchbetrieb 4-mal mehr verdauliche Energie pro kg CO2-Äquivalent als der «ineffizienteste». Dies bestätigt frühere Ergebnisse aus der Zentralen Auswertung von Ökobilanzen (Hersener et al., 2011). Zum einen dürfte die unterschiedliche Effizienz auf technische, betriebliche und organisatorische Unterschiede in der Betriebsführung zurückzuführen sein, zum anderen aber auch auf unterschiedliche Rahmenbedingungen (Boden, Klima) und/oder unterschiedliche Tiergattungen und Kulturen. Im ersten Fall kann eine Reduktion der Emissionen durch entsprechende effizienzsteigernde Massnahmen auf den Betrieben erreicht werden, im zweiten Fall durch eine standortangepasste Produktion von emissionsarmen landwirtschaftlichen Produkten. Letzteres bedeutet, dass die Wahl der Kultur- und/oder Nutztierart dem Standort angepasst und hinsichtlich Treibhausgasintensität optimiert wird.
Weitere Auswertungen deuten darauf hin, dass weder die Landwirtschaftszone (Talregion, Hügelregion, Bergregion) noch die Betriebsausrichtung (konventionell, bio) die Treibhausgasintensität entscheidend beeinflussen. Abgesehen vom Betriebstyp, der bei Betrieben mit Rindviehhaltung besonders hohe Emissionen anzeigt, gibt es also kaum erkennbare Muster in den Treibhausgasintensitäten. Rückschlüsse über konkrete Möglichkeiten zur Senkung von Treibhausgasemissionen können daher aus vertieften Analysen einzelner Betriebe mit besonders tiefen Treibhausgasintensitäten gewonnen werden. Porträts klimafreundlicher Landwirtschaftsbetriebe, wie dasjenige des Lehenhof in Rothrist, dienen zur Veranschaulichung.
Klimaschutzaktivitäten in der Landwirtschaft
Verschiedene Akteure sind bemüht, Möglichkeiten zur Reduktion von THG-Emissionen in der Landwirtschaft zu identifizieren und entsprechende Projekte aufzugleisen. So wird versucht die Voraussetzungen zu schaffen, dass für Einzelmassnahmen wie z. B. den Einsatz von methanreduzierenden Futterzusätzen über den Kompensationsmechanismus in der Klimapolitik Bescheinigungen generiert werden können (Informationen zum Mechanismus und den Projektanforderungen finden sich in einer Mitteilung; die aktuell bearbeiteten Themen bezüglich Landwirtschaft sind auf der Website der Stiftung Klimaschutz und CO2-Kompensation klik einsehbar). IP-Suisse ist daran, ein massnahmenbasiertes Punktesystem Klimaschutz für Landwirtschaftsbetriebe zu erarbeiten und anzuwenden – in Ergänzung zu den bestehenden Anforderungen im Bereich Biodiversität. Der Verein AgroCO2ncept Flaachtal möchte mittels betrieblichen THG-Bilanzierungen und gezielten Beratungen die spezifischen einzelbetrieblichen Optimierungspotenziale ausschöpfen.
Mit dem Ressourcenprogramm bietet die Agrarpolitik ein attraktives Instrument, um solche Innovationen für eine nachhaltigere Nutzung der natürlichen Lebensgrundlagen und einen effizienteren Einsatz von Produktionsmitteln zu testen. Daneben gibt es auch mit der Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft (produktbezogen) und landwirtschaftlichen Planungen (raumbezogen) Möglichkeiten, die vermehrt auch unter dem Aspekt Klimaschutz genutzt bzw. entsprechende Projekte erarbeitet und durchgeführt werden können (Links zu den entsprechenden Artikeln oder sonst auf der Webseite).
Der Bund unterstützt den Verein AgroCleanTech beim Betreiben einer Plattform für die Informationsbereitstellung und den Wissensaustausch unter den relevanten Akteuren aus Forschung, Beratung, Industrie und Praxis bezüglich Energie und Klimaschutz. AgroCleanTech arbeitet zurzeit auch an einem einfachen Energie- und Klimacheck für Landwirtschaftsbetriebe, einem Tool das in der Beratung verwendet werden kann zur Identifikation von Einsparmöglichkeiten. Daneben ist auch die Wissenschaft gefordert, beispielsweise unter dem Forschungsschwerpunkt «Klima» von Agroscope, weitere Massnahmen zur Reduktion von THG-Emissionen zu identifizieren bzw. bestehende Praktiken und Innovationen bezüglich ihrer Wirkung zu beurteilen und Optimierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Erkenntnisse aus all diesen Aktivitäten dienen dazu, den Klimaschutz in der Landwirtschaft weiterzubringen und die in der Klimastrategie gesteckten Ziele zu erreichen.
Literatur
Bretscher et al., 2014: Treibhausgasemissionen aus der schweizerischen Land- und Ernährungswirtschaft. Agrarforschung Schweiz 5 (11+12), 458-465.
Hersener et al., 2011: Zentrale Auswertung von Ökobilanzen landwirtschaftlicher Betriebe (ZA-ÖB). Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Zürich/Ettenhausen.
Daniel Bretscher, Agroscope INH und Daniel Felder, BLW, Fachbereich Agrarumweltsysteme und Nährstoffe, daniel.felder@blw.admin.ch.
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