Im Juli 2014 ereigneten sich im Emmental lokal schwere Unwetter, die nur alle 100 Jahre vorkommen. Menschen kamen zum Glück nicht zu Schaden. Die Schäden an Güterwegen und Brücken waren jedoch beträchtlich und betrafen vorwiegend die Landwirtschaft. Die Schadensumme betrug alleine in der Gemeinde Schangnau 1,5 Millionen Franken. Im Bereich der landwirtschaftlichen Strukturverbesserungen werden Bundesbeiträge ausgerichtet, um die Anlagen in ihrer ursprünglichen Funktion wiederherzustellen. Eine Ereignisanalyse hat gezeigt, dass das Frühwarnsystem gut funktioniert hat. Hochwasserschutzmassnahmen sind jedoch gesamtschweizerisch weiter voranzutreiben.

Das 100-jährliche Ereignis

Am 24. Juli 2014 ereignete sich ein sehr heftiges, stationäres Gewitter am Oberlauf der Emme und brachte intensive Regenfälle während 5 Stunden. Dies führte in der Folge zu dem über 100-jährlichen Hochwasser (Gefahrenstufe 5, sehr grosse Gefahr). Bei dem Pegel Messstation Emme-Eggiwil wurde mit 280 m3/s ein neuer absoluter Höchstwert registriert. Die Wassermarke stieg um über 4 Meter an. Weiter flussabwärts bei Emmenmatt und Wiler wurde ein 10-jährliches Hochwasser beobachtet. Auch an den Tagen danach stieg die Emme mehrmals stark an.

Das Ereignis hat lokal zu sehr grosser Betroffenheit und medialer Aufmerksamkeit geführt. In den Berichterstattungen der Zeitungen und im Fernsehen wurde von einem 300-jährigen Ereignis gesprochen. Nach Auswertung der statistischen Daten korrigierte das Bundesamt für Umwelt (BAFU) die damaligen Aussagen nach unten und errechnete eine statistische Wiederkehrperiode von 111 Jahren.

Weitergehende Informationen zu den Hochwasserereignissen 2014 können hier nachgelesen werden.

Die Landwirtschaft ist hart getroffen

Beim Unwetter im Emmental wurde die Landwirtschaft hart erwischt, insbesondere Landwirtschaftsbetriebe entlang der Emme und am Sädelgraben. Durch den sehr lokalen und über mehrere Stunden unveränderten Standort des Gewitters über dem «Schibegütsch» (Kt. LU) überschritt die abfliessende Wassermenge, welche auch viel Geschiebe und Schwemmholz mitführte, die Gerinnekapazität der Emme und einiger Zuflüsse, die in der Folge vielerorts grossflächig über die Ufer traten. An den Gerinnen, dem mit Geröll und Schlamm überfluteten Kulturland sowie den Gebäuden und Weganlagen entstanden teilweise sehr grosse Schäden.

Am schlimmsten wurden zwei Betriebe im Buembächli und im Schwand getroffen. Diese beiden Betriebe hatten enorme Schäden im Wohnbereich, im Stall, am Kulturland und an der Zufahrt. Das Kulturland wurde mit Unmengen Geschiebe übersart. Bedenkt man, dass erst im Jahr 2012 ein ähnliches Elementarschadenereignis stattgefunden hat, kann man sich kaum vorstellen, welcher erneuten finanziellen und psychischen Belastung die Betroffenen ausgesetzt wurden.

Obwohl im gesamten Gemeindegebiet Gewitter nieder gingen, waren die Schäden ausserhalb des Hauptgewittergebietes und dessen Abflüsse geringer als vorerst angenommen.

Aufgrund eines erneuten Gewitters am 2. August 2014 sind noch zusätzlich Schäden entstanden. Bestehende Schäden wurden verstärkt und bereits geräumte Kulturlandflächen, Keller- und Parterregeschosse zum Teil nochmals überflutet.

Nach dem Ereignis wurden folgende Schadensummen geschätzt:

Schadensummen

ProduktFr.Betrag
WasserbauFr.5 700 000
Kulturtechnische Bauten (Güterwege, Brücken, Durchlässe)Fr.1 500 000
Kulturlandschäden, gedeckt durch Schweizerischer ElementarschädenfondsFr.500 000
Schäden gedeckt durch Gebäudeversicherung des Kantons BernFr.3 400 000
Schäden gedeckt durch Privatversicherungen (Hausrat / Betriebsinventar)Fr.3 000 000

Quelle: BLW

Der Wasserbau hat noch weitergehende Schutzmassnahmen mit Kosten von 3,9 Millionen Franken in Planung, welche über die reine Wiederherstellung der Schäden hinausgehen.

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Übersarung im Buembächli (© BLW)

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Überflutungsflächen im Gebiet Buembach (© BLW)

Der Bund beteiligt sich an den Wiederherstellungskosten

Der Bund kann Finanzhilfen in Form von Bundesbeiträgen und zinslosen Darlehen gewähren an Massnahmen zur Sicherung und Wiederherstellung von kulturtechnischen Anlagen und Kulturland. Die Unterstützungsmöglichkeiten beschränken sich mit Ausnahme der dörflichen Wasser- und Stromversorgungen auf Schäden in der landwirtschaftlichen Nutzfläche sowie im Sömmerungsgebiet (SöG). Die Behebung der Schäden geschieht in der Regel gemeinde- oder regionsweise im Rahmen von Gemeinschaftsunternehmen. Die Bauherrschaft übernimmt dabei in der Regel die Gemeinde.

Die maximale Höhe der Bundesleistung ist in den Artikeln 16 und 17 der Strukturverbesserungsverordnung (SVV) festgelegt.

Im Kreisschreiben des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) 5/2006 sind die Verfahrensfragen, Beitragsberechtigung und die Schadenerhebung im Bereich der landwirtschaftlichen Strukturverbesserungen detailliert beschrieben.

Die Schadenbehebung ist im Gang

Abgesehen von der Büetschlibrücke über die Emme wurde keine Weganlage derart stark beschädigt, dass diese für den Verkehr hätte gesperrt werden müssen. Die provisorischen Massnahmen zur Wiederherstellung der notwendigen Funktionalitäten wurden durch die Wegeigentümer oder die Gemeinde unmittelbar nach dem Ereignis ausgeführt. Dazu wurde vom BLW eine Bewilligung zum vorzeitigen Baubeginn nach Artikel 31 SVV erteilt. Nach sofortigen Massnahmen zur Verhinderung von weiterem Wassereintrag in die Böschungsrutsche und einer kurzzeitigen Beschränkung der Gewichtslimite bei der Mühlebrücke konnten alle Weganlagen kurz nach dem Ereignis wieder befahren werden.

Für den Wegübergang bei der Bütschlibrücke hat die Armee unverzüglich eine Notbrücke erstellt.

An einer Begehung legten das BLW, der Schweizerische Elementarschädenfonds (ESF), das kantonale Amt für Strukturverbesserung und Produktion (ASP) und die Gemeinde fest, an welche Wiederherstellungsmassnahmen Beiträge geleistet werden können und welche Institutionen für die Beitragsleistung zuständig sind. Dabei wurden auch die grösseren Kulturlandschäden (Übersarungen) beurteilt. Die Begehung hat ergeben, dass sämtliche Kulturlandschäden nach den Richtlinien des ESF entschädigt werden können. An diese Schäden werden an die beitragsberechtigten Wiederherstellungskosten Beiträge von 90 % (ESF 60 % + Kanton 30 %) geleistet. Die restlichen 30 Schadenstellen betreffen Weganlagen. Diese erfüllen die Voraussetzungen für die Unterstützung mit Bundes- und Kantonsbeiträgen aus Strukturverbesserungskrediten.

Die Schadenstellen an Weganlagen erfordern folgende Massnahmen:

Neubau / Ersatz einer Brücke

Reparaturen an vier Brücken

Erstellen einer neuen Blockmauer zur Sicherung des Emme-Ufers und Stabilisierung des höherliegenden Güterweges; Länge 110 m, Höhe 3,00 – 6,50 m

Sanierung von drei talseitigen Wegböschungsrutschen mit Holzkasten, Hangrost, 150 m2

Sanierung von neun bergseitigen Wegböschungsrutschen mit Blocksteinen, Hangrost, 320 m2

Neuerstellung eines Bachdurchlasses (Güterwegunterquerung) infolge ungenügender Durchflusskapazität

Sanierung und Erweiterung von sechs Kiessammlern, inkl. Reinigung und Anpassung des nachfolgenden Rohrdurchlasses (Wegunterquerung)

Instandstellung von fünf Schadenstellen an Fahrbahn und Bankett, 700 m

Das Ausmass der landwirtschaftlichen Nutzung ist eine Grundlage für die noch zu bestimmende Höhe der beitragsberechtigen Kosten. Die Weganlagen in Schangnau dienen grundsätzlich zu 100 % der Landwirtschaft. Eine Ausnahme bildet die Bütschlibrücke. Die nicht landwirtschaftlichen Anteile sind als nicht beitragsberechtigt zu definieren. Die alte Bütschlibrücke hatte einen Holzdachaufbau und war dadurch bei der Gebäudeversicherung des Kantons Bern (GVB) versichert. An den Neubau der Brücke wird die GVB somit einen wesentlichen Beitrag leisten. Einzelne Schadenstellen werden auch in Zusammenarbeit mit dem Wasserbau wieder hergestellt.

Die definitiven Projektunterlagen wurden Ende Januar 2015 beim ASP eingereicht. Das Bewilligungs- und Subventionsverfahren konnte im Juli 2015 abgeschlossen und anschliessend die Bau- und Ausführungsbewilligung ausgestellt werden.

An die ermittelten beitragsberechtigten Baukosten werden voraussichtlich Beiträge aus Strukturverbesserungskrediten von Bund und Kanton von insgesamt 70–80 % geleistet.

Die Ausführung sollte im Frühling 2016 abgeschlossen werden. Die Abrechnung und Auszahlung der Beiträge wird voraussichtlich bis Ende 2016 erfolgen.

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Weggespültes Emmeufer / Wegböschung im Bochtecher (© BLW)

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Wieder hergestelltes Emmeufer / Wegböschung im Bochtecher (© BLW)

Lehren für die Zukunft?

Ausgehend vom Hochwasserereignis haben das Tiefbauamt des Kantons Bern (OIK IV) und das BAFU (Sekt. Hochwasserschutz) eine lokale, lösungsorientierte Ereignisanalyse (LLE) Schangnau-Eggiwil erarbeitet. Auch die Zürich Versicherung hat sich in einem Bericht (Flood Resilience Review 07.14) mit der Thematik auseinandergesetzt. Bewährtes soll weitergeführt werden.

Die wichtigsten Ergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden.

Das Warnsystem und die behördlichen Massnahmen sind von grosser Wichtigkeit. In Schangnau haben diese gut funktioniert und es kamen keine Menschen zu Schaden.

Grosse Sachschäden konnten dank Abflussregulierung und kantonsübergreifende Zusammenarbeit verhindert werden.

Die Hochwasserschutzprojekte mit Aufweitung der Emme kurz vor der Einmündung in die Aare bei Biberist SO haben sich bewährt.

Nach dem Hochwasser von 2005 hat die Schweiz ihre Hochwasserschutzmassnahmen signifikant verbessert (Vorbeugung, Warnung, Alarmierung). Diese Bestrebungen sind allgemein für die ganze Schweiz weiter voranzutreiben, da noch Verbesserungspotenzial besteht.

Interview mit Herrn Gfeller, Gemeindepräsident von Schangnau

Herr Gfeller, wann haben Sie die ersten Informationen des drohenden Unheils erhalten?

Um 8.45 Uhr. Ich war auf der Fahrt von der Alp ins Tal. Im Kemmeriboden war Endstation und ich war von der Umwelt abgeschnitten. Nach 45 Minuten wurde ich mit einem Rega-Helikopter nach Bumbach ausgeflogen.

Haben Sie von kantonalen Organisationen Unterstützung erhalten?

Ja, ich erhielt sofort Unterstützung von der kantonalen Zivilschutzorganisation mit Führungskoordinatoren. Die Armee hat zudem eine Notbrücke erstellt.

Wie haben Sie persönlich den Medienrummel verarbeiten können?

Es war eine intensive, aber wertvolle Zeit. Dank der sehr guten Unterstützung des Regierungsstatthalters und des Medienverantwortlichen Georges Wüthrich, der mir mit seiner 20-jährigen Erfahrung im Bundeshaus zur Seite stand, habe ich den Rummel gut verarbeiten können. Ich habe dabei in den Medien immer versucht, etwas Positives zu vermitteln.

Wie beurteilen Sie die Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen im Hinblick auf die Wiederherstellungskosten der Unwetterschäden?

Das ist sicher eine grosse Herausforderung! Dank der Hilfe von Bund und Kanton wird es aber tragbar sein. Andere Projekte müssen zurückgestellt werden. Mit der grossen Solidarität bezüglich Spenden können wir privaten Betroffenen ungedeckte Restkosten zum Teil ausgleichen. Die finanziellen Auswirkungen werden noch über mehrere Jahre zu spüren sein. Ich blicke aber optimistisch in die Zukunft und setze mich mit aller Kraft für unsere Gemeinde Schangnau ein.

Ueli Salvisberg, BLW, Fachbereich Meliorationen, ueli.slavisberg@blw.admin.ch
Anton Rösti, Abteilung Strukturverbesserungen und Produktion, Kanton Bern